Road to Prague

Kein Weihnachtsmärchen

Prag war schon immer mein Wun­schziel. Road­trips sind ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich liebe es im Auto unter­wegs auf ein­er Straße zu sein, die zu einem noch unbekan­nten Ziel führt. Das ist das Gefühl, dass mir Geschenke unter dem Wei­h­nachts­baum auszu­pack­en nicht geben kann. Nicht mehr. Aber es fühlt sich sich­er ähn­lich an, nur die beglei­t­ende Musik ist defin­i­tiv besser.

Mein Fre­und Micha, der seit vie­len Jahren der ist, den man wirk­lich als den Besten beze­ich­nen muss, schenk­te mir in diesem Jahr diesen Trip nach Prag. Weg von all dem Gewöhn­lichen, weg von all dem blind­en Wei­h­nachtswahnsinn. Auf in´s Unbekan­nte, auf in die Frei­heit … auf in ein neues Aben­teuer. Für viele klingt das vielle­icht gar nicht so beson­ders, doch ich weiß noch jeden Moment zu schätzen, der anders und gefüllt von neuen Ein­drück­en ist.

Ohne schnei­di­gen Kof­fer und mit einem Crois­sant, das in sein­er Tüte auf dem Arma­turen­brett in jed­er Kurve auf und ab wan­dert, geht es Rich­tung Dres­den. Vor­bei an den hüb­schen, ländlicheren Gegen­den Sach­sens, die ich mehr mag, als die “eigentliche” Lan­deshaupt Leipzig. Das Wet­ter ist so unbeständig, wie die Erwartun­gen auf eine Welt, die mir vol­lkom­men neu ist. Egal wie das Wet­ter ist, es ist das Wet­ter dieses Road­trips und gehört ab der ersten Minute zu dieser, zu mein­er Geschichte. Nein stimmt nicht, es gehört zu unser­er Geschichte und ich hoffe seit diesen Tagen noch viele Tips mit meinem besten Fre­und  und vielle­icht neuen Fre­un­den zu erleben.

Ich wollte vorher gar nichts aus dem Netz der “viel zu vie­len Infor­ma­tio­nen” wis­sen. Ich wollte alles so erleben, wie es geschieht. Angekom­men in der Haupt­stadt Tschechiens erwartete uns nach dem Check-In die erste Über­raschung. An der Rezep­tion ignori­erten wir das Wort “Cable Car” gekon­nt und gemein­schaftlich, denn wer fährt schon mit einem Cable-Car auf ein Hotelz­im­mer. Das wäre ja total ver­rückt. So ver­rückt, wie das große Fen­ster an der “Fahrstuhltür”, durch dass man eine Schiene sah, die anscheinend in den Him­mel wuchs. Ok … Ich mag ja so Gefährte, die so Berge rauf­fahren ganz und gar nicht, also auf in´s Aben­teuer. Belohnt wurde man mit einem Blick über ganz Prag und ab der drit­ten Fahrt, machte das echt Spaß, wenn auch die Musik in der “Roten Box”, wie man sie nan­nte, nicht unbe­d­ingt immer die Aus­sicht unterstrich.

Am heili­gen Abend sind dann auch gle­ich los­gepil­gert. Straßen­bahn? Taxi? … nein lass uns die Stadt spüren, wie sie ist. Ohne Plan und nur die Frei­heit genießend und ges­pan­nt auf das Unbekan­nte, haben wir wohl in der ersten Nacht schon zehn Kilo­me­ter abge­laufen. Zur Wei­h­nacht­szeit scheint Prag noch mehr Touris­ten­ziel zu sein, als son­st. Ich muss sagen, dass ich mir mehr Ein­samkeit gewün­scht hätte. Doch abseits der Touris­tenpfade find­et man diesen erfrischen­den Hauch, dass dieser Ort heut fast nur Dir gehört wieder.

Ich hat­te vorher einige Bilder von Prag gese­hen, aber ich muss sagen, dass diese Bilder alle nicht so recht der Wahrheit entsprechen oder diese unglaublich inter­es­sante Stadt ein­fach sehr wech­sel­haft ist. Vielle­icht ähn­lich dem Raum der Wün­sche, jed­er find­et dort das, was er vielle­icht nicht erwartet hätte und doch braucht. In diesem Fall brauchte ich wohl ein­fach etwas, was in meinem Kopf mal wieder mit falschen Vorstel­lun­gen aufräumt. Gut so.

Eigentlich wusste man nie so recht, ob man in der tschechis­chen oder franzö­sis­chen Haupt­stadt wan­delt. Café Lou­vre, Park Sacre Coeur … und auch die stillen Gäss­chen mit dem ganz beson­deren alten Pflaster und den Straßen-Lat­er­nen, so wie sie in meinen Augen über­all noch ausse­hen soll­ten, wo waren wir wirk­lich? Es ist fast egal, wo Du einkehrst, es ist beson­ders, es ist bunt und leb­haft und zugle­ich still. Selb­st im kühlen Regen will man ein­fach weit­er, tief hinein in diese Stadt, noch mehr sehen, noch mehr ihren Flair atmen. Das Gewöhn­liche und triste Leben der eige­nen Stadt ver­fliegt für Stun­den und ich brauche dieses Gefühl, wie die Luft zum Atmen. Danke Micha.

Dieser Road­trip war gle­ichzeit­ig noch ein weit­eres Aben­teuer in fotografis­ch­er Hin­sicht. Ich hat­te mir vorgenom­men, dass ich während dieser Zeit nur ein analoges 50 mm 1.8 Objek­tiv auf mein­er D750 lasse. Bis auf ganz wenige Motive, die ein­fach nach 28 mm schrien, habe ich das auch geschafft. Ich wollte die Verze­ich­nun­gen der Fotos aus mein­er Kind­heit, wollte wieder manuell fokussieren und Bilder, die nicht unglaublich scharf, son­dern verträumt sind, so wie die alten Häuser von Prag. So ehrlich, wie die Men­schen, die dich auf der Straße ansprechen und so unper­fekt, wie die Beschilderung der Stadt.

Natür­lich hätte ich ein Sta­tiv nutzen kön­nen, um Langzeit­be­lich­tun­gen zu machen. Ich hätte dies und das, aber ich habe mir ein­fach die Frei­heit genom­men und frei aus der Hand Bilder gemacht. So, wie ich die Momente sah, nie ganz klar, nie per­fekt, son­dern ein­fach so, wie sie waren. Ver­waschen und ver­grieselt in meinem Kopf, klar in meinem Herzen … über­man­nt von den Ein­drück­en, so sehe ich … und genau das zeige ich

Danke Micha, Danke Prag … ich würde gern sofort erneut zu frem­den Orten und neuen Aben­teuern auf­brechen. Und danke für die Erfahrung in ein­er sehr uri­gen Absintherie einen, nein 3 Absinthe-Moji­to genossen haben zu kön­nen. Ich frage mich seit­dem, weshalb man da meist Rum hinein tut. Geht unbe­d­ingt in dieses Lokal, es lohnt sich. Fahrt unbe­d­ingt in diese Stadt, aber macht es nicht, wie ein Tourist, macht es wie wir, wie ein Aben­teur­er, auf eige­nen Pfaden und mit dem eige­nen Blick für die Beson­der­heit­en dieser Stadt.