Da sitz ich nun: 22:56 Uhr in meiner Unterkunft bei lieben Freunden in der Nordheide und versuche die Eindrücke zu verarbeiten, die ihren neuen Platz im Oberstübchen noch nicht so recht eingenommen haben. Also beginne ich einfach mal mit der passenden Vorgeschichte.
Ich fotografiere wahnsinnig gern Hochzeitsreportagen. Warum? Ich liebe es Menschen und ehrliche Emotionen in zeitlosen Bildern zu bannen, diese Menschen mit diesen Bildern glücklich zu machen und die Impulse dieser ganz persönlichen Momente mitzuerleben. Es gibt mir selbst ein großes Stück Glück auf dieser Welt wieder. Vor einigen Jahren stieß ich bei der nächtlichen Weiterbildung auf den Blog des Stilpiraten. Ich bin kein Mensch, der Lobeshymnen auf Menschen oder Dinge singt, bei denen ich es nicht für angemessen halte. Allerdings muss ich bei Steffen Böttcher, sagen, dass er einer der wenigen Menschen in meinem Leben ist, die mich mit ihrem Geschriebenen und Gesprochenen wirklich fesseln. Es ist für mich die richtige Mischung aus technischen Zutaten und emotionalem Gewürz.
Nachdem mir meine wundervolle bessere Hälfte den Hochzeitsworkshop im Heidestudio schenkte, war es dann aus. Erst konnte ich es kaum noch erwarten, dann stieg die Aufregung von Tag zu Tag. Die Video-Workshops von Steffen nutzte ich intensiv zur Vorbereitung. Drei Tage vor dem Workshop war die Nervosität dann auf einem hinterlistigen Höhepunkt – sie gab sich nicht mehr zu erkennen. „Gut“ dachte ich, dann kannst Du ja vollkommen unvoreingenommen und gelassen Richtung Hamburg fahren. Also setzte ich mich einen Tag vorher ins Auto, genoss die Frühlingssonne und kehrte zunächst ein paar Dörfer weiter, bei der Tierheilpraktikerin und lieben Freundin Bettina ein. Und da war sie wieder, die Nervosität, mit jedem Kilometer baute sie sich auf dem Beifahrersitz auf. „Na toll.“, ich war ein riesiges Nervenbündel, voller Vorfreude, aber ich brauchte unbedingt Ablenkung, denn so konnte ich unmöglich den nötigen Schlaf finden.
So ging es mit Freunden abends zum leckeren veganen Abendessen in´s Leaf und anschließend auf ein SeaShepherd-Benefizkonzert in Hamburg. Den Abend krönte als Schlummertrunk eine leckere Flasche Wein in Gesellschaft einer Vielzahl von Bettinas geretteten Tieren und einem harmonischen Plausch über Gott und die Welt. Nun musste doch die Müdigkeit eindeutig über die Aufregung triumphieren. „Denkste.“, grinsend auf dem Bettlager liegend, gesellte sich Gevatter Kopfkino unter meine Decke. Ihm schien das so sehr zu gefallen, dass er auch erst mit dem ersten Hahnenschrei mit mir aufstand. Naja, immerhin war ich in der Nacht nicht allein mit meinen Gedanken über all das, was ich schon von Steffen gesehen und gelesen hatte.
Da ich mich ausgiebig auf den Workshop vorbereitet hatte, wusste ich, dass ich 20 Minuten von der Unterkunft bis zum Heidestudio benötigen würde. Also fuhr ich 35 Minuten vorher los, das sollte doch genügen. Was ich allerdings nicht berücksichtige: ich war auf dem Land. Netz zu finden ist hier schwieriger, als Eier zu Ostern. Also hieß es sich auf die männlichen Instinkte verlassen, wir finden uns ja meist auch betrunken nachhause. Nachdem das Navi mir dann freundlicherweise doch noch den rechten Weg wies, lachte mich das Schicksal vom Sitz eines Traktors an. Die Straßen hier sind allgemein etwas schmaler gehalten und bieten im morgendlichen Berufsverkehr leider nicht allzu viele Überholmöglichkeiten. Irgendwann kam ich dann doch noch auf dem empfohlenen Parkplatz an. Das iPhone sagte: „Du kommst noch pünktlich, wenn du die Beine in die Hand nimmst.“ Was ich dann tat, denn nichts ist unmöglicher, als unpünktlich zu sein. Ich war endlich angekommen und irgendwie den Tränen nah, da war es, das Heidestudio, es existiert tatsächlich. Das intensivste Gefühl, das mich jetzt im Gefolge vieler anderer ausfüllte, war wohl Dankbarkeit. Danke mein Schatz, für dieses wunderbare Geschenk, von dem ich so viel erwartete.
Der Workshop selbst … konnte er dem bisherigen Abenteuer noch das Sahnehäubchen geben? Natürlich konnte er. Steffen ist real mindestens genauso sympathisch und fesselnd, wie in der medialen Welt. Man kann ihm einfach nur lauschen, lauschen, lauschen. Und das taten wir dann auch im ersten Theorieteil. Wie auch in den Blog-Geschichten bekommt man alles auf eine lockere, verständliche und humorvolle Art und Weise näher gebracht. Trockene Passagen gibt es keine. Alle klebten an seinen Lippen und ich will gar nicht wissen, wer noch alles so dachte: „Boar, ich bin beim Stilpiraten.“. Zwischendurch gab es immer wieder ein Päuschen mit allerlei leckeren und veganen Köstlichkeiten, die Christina zubereitete. Man fühlt sich hier nicht, wie bei einem „Workshop“. Du bist hier bei Freunden, die gern ihre Zeit mit Dir verbringen. Da ist es egal, ob Du geschlafen hast oder nicht. Eindrücke über Eindrücke und ein Sympathieträger, der sein Wissen gern mit Dir teilt.
Gegen Mittag kamen dann Lena und Bertan, gut gekleidet und mit frischem Brautstrauß und Ansteckbume. Die beiden Modelle des praktischen Teils des Workshops sind nicht nur ein ausgesprochen hübsches Paar, sondern sehr sympathische und aufgeschlossene Menschen. Während ihres Beiseins hatte man nie den Eindruck, dass sie hier nur einen Job verrichten, was den positiven Gesamteindruck des Hochzeits-Workshops abrundet.
Den ganzen Tag über begleitete mich so eine Kindheitserinnerung und auch die Gefühle daran: Ich erinnere mich, ich hatte damals einen Schul-Heimweg, der mich an einem Spielzeugladen vorbei führte, oder nahm ich nur den Umweg gern in Kauf? Im zeitgemäß schlicht eingerichteten Schaufenster winkte mir eines Tages ein Feuerwehrauto zu, es wollte definitiv zu mir. Monatelang, jeden Tag, ging ich an diesem Schaufenster vorbei und verbrachte dort einige Minuten voller Sehnsucht. Ich intrigierte meine Eltern: „Das müsst ihr euch ansehen, so ein wunderschönes und rotes Feuerwehrauto, das habt ihr noch nicht gesehen.“. An Weihnachten stand es unter dem riesigen leuchtenden Weihnachtsbaum, der es in ein schillerndes Licht tauchte und es war so froh bei mir zu sein, das wusste ich. Heute war Weihnachten für mich, nur dass das Feuerwehrauto noch einen Anhänger, eine zweite und dritte Leiter hatte und die Umleuchte von sich aus strahlte. Als Kind gingen meine Pläne fast immer auf, daran muss ich heute doch noch arbeiten, der Workshop wird wohl vieles dazu beitragen.
Wieder zurück in die Nordheide. Lena und Bertan standen in den doch kühlen Frühlingstemperaturen ihre Rollen und gaben Steffen und uns wundervolle Übungsmotive. Was ich allerdings schon vorher befürchtete: war diese gewisse Scham, denn wie Maschinengewehrsalven schossen alle wie irre auf die zwei ein, aber das gehört wohl zu so einem Fotografie-Workshop dazu. Man will ja die neuen Tipps auch unbedingt ausprobieren. Man spürte, dass man eigentlich viel mehr kann als man glaubt, wenn man einfach dies und das beachtet, eigentlich Kleinigkeiten, aber dafür ist dieser Workshop ja da. Mach Deinen Kopf frei und konzentrier Dich auf das, was Dir auch selbst Freude bereitet beim Fotografieren.
Nachdem uns die nordische Frische doch wieder ins Studio trieb, gab es dann den zweiten Teil der Theorie. Steffen nimmt gern Fragen entgegen und beantwortet diese bis ins ausschweifendste Detail, wie es einst schon mein liebster Physiklehrer tat. Er vergaß sogar die Zeit. Ein Mann, der seinen Zielen nachgeht und einem neue Optionen mit auf den Weg gibt und dabei keine Regeln, sondern inspirierende Leitgedanken aufstellt. Und genau das wertete alles, was ich bisher von Steffen las und sah ungemein auf. Ich glaube nicht nur mir ging es so – keiner wollte hier so einfach wieder weg. Der Abschied fiel wirklich schwer, gern wäre ich noch auf ein gemeinsames Bierchen geblieben, doch ich musste wieder in die Unterkunft.
Plötzlich war der Input wieder verschwunden, aber ich weiß er ist da, nicht nur in meinem Kopf, sondern auch im Herzen. Und genau das ist es, was ich hier wieder gefunden habe: die Verbindung zwischen dem Herz und dem daraus resultierenden leidenschaftlichen Schaffen. Fotografieren verschafft mir Glücksmomente. Danke Steffen! Wenn man mit so einem Gefühl, auch wenn es erst schleichend in den Stunden danach kommt, aus einem Workshop geht, ist das unbezahlbar. Oder sagen wir: so wie unsere Hochzeitsreportagen… ganz besonders wertvoll. Ich glaube, so recht kann ich noch gar keinen abschließenden Gedanken finden. Warum sollte ich auch abschließen. Es war eine neue Tür, die sich auftat. Diese abzuschließen wäre die größte Dummheit auf Erden. Wo ich vorgestern noch nichts sah, feststeckte, sehe ich heute eine lange Straße, gesäumt von Bäumen und am unendlich wirkenden Horizont strahlt die Sonne. Sie geht nicht unter, sie geht auf. Und all das, was ich da sehe, schaut so aus, weil ich will, dass es so ausschaut. Genau in diesem Moment merke ich, was der Stilpirat unterschwellig bei mir geschafft hat. Davon hat er kein Wort erwähnt. Das ist, glaube ich zumindest, das Wertvollste, was ich heute mitgenommen habe. Es gibt nicht diese Mauer an der wir scheitern, diese Dunkelheit voller Angst zu versagen, die bauen wir uns selbst. Aber man braucht eben doch auch den Ar***Tritt in die richtige Richtung.
Die einzige Frage, die leider für mich offen blieb: „Wie komme ich jetzt an die vielen Empfehlungen heran?“. Dazu kann ich nur sagen: „Erlebt Eure schönsten Momente und Hochzeiten mit mir!“.
Ich bin heute sicher kein anderer Mensch und auch noch kein besserer Fotograf als gestern, aber ich weiß, was ich zu tun habe. Ich habe noch nicht für alles eine Lösung im Kopf, aber das ist egal, denn ich weiß was ich will. Ich werde die Zeit hier vermissen, die Freunde, die Tiere, das nordische Land, Steffen, Christina, Bertan und Lena. Ich danke Euch allen aus tiefstem Herzen. Es war eine Erfahrung, die man unbedingt machen muss, wenn man die selbe Leidenschaft hegt: liebe Menschen und sich selbst glücklich zu machen.
Großer Dank geht auch an Bettina, Nik, Svenja und Jan. Es war schön, wieder ein weiteres Stückchen Welt kennenzulernen und wenn man in der Gastwohnung noch die Herzlichkeiten für den Abreisemorgen kredenzt bekommt, spürt man, wie wundervoll es ist wahre Freunde zu haben. Ich habe den Abend mit Euch gestern auch sehr genossen. Dass die Tiere so unglaublich aufgeschlossen waren, gibt mir auch ein zusätzliches Stück Selbstvertrauen und Glück mit auf die Heimreise.
Von mir aus kann morgen das Navi kaputt gehen und ich stundenlang umherirren oder einfach meinen Weg finden oder gar ganz tolle Dinge, von denen ich bis eben noch gar nicht wusste, dass sie Randpfeiler meines Weges sind. Genau dieses Gefühl nehme ich hier mit und wenn das dieses „Abenteuer Fotografie“ nicht wert war, dann weiß ich auch nicht. Aber ich weiß, dass ich wieder im Heidestudio einkehren möchte, vielleicht zur Masterclass und oder zur Mindclass, doch das muss ich mir auch erst erarbeiten. Es war ein wundervoller Frühlingsanfang … vielleicht der beste, den ich je erlebt hatte. Daneben wirkte die heutige Sonnenfinsternis echt armselig.